Brustkrebs ist eine ernste und oft lebensbedrohliche Krankheit, die die Betroffenen körperlich und seelisch stark belasten kann. Eine der häufigsten psychischen Herausforderungen für Frauen mit Brustkrebs ist Stress. Stress kann eine Vielzahl negativer Auswirkungen auf Körper und Geist haben und es Brustkrebspatientinnen erschweren, ihre Krankheit und die Behandlung zu bewältigen.
Was macht eine Brustkrebserkrankung mit der Psyche?
Die psychische Belastung durch Brustkrebs kann verschiedene Ursachen haben. Für viele Frauen können der Schock und die damit einhergehende Ungewissheit einer Krebsdiagnose überwältigend sein und zu Gefühlen von Unruhe, Angst, Panik und sogar Depression führen.
Auch die körperlichen Symptome von Brustkrebs, wie Schmerzen, Müdigkeit und Veränderungen des Aussehens, können eine Quelle von Stress sein. Darüber hinaus kann die Behandlung selbst, die üblicherweise mit einer Operation, Chemotherapie und Bestrahlung (oder eine der drei genannten) einhergeht, körperlich und seelisch sehr anstrengend und belastend sein.
Durch die Operation verändert sich möglicherweise die Silhouette, durch Chemotherapie können die Haare ausfallen, was zu einem stark veränderten Selbstbild führt. Dies geht mit Unsicherheit, vielleicht sogar Scham einher, nicht mehr schön oder attraktiv zu sein. Ja, für uns Frauen sind (lange )Haare ein Sinnbild für Schönheit, auch ich habe langes Haar und liebe es.
In meinen Yogastunden dürfen ich und die anderen Frauen etwas sehr Erstaunliches und Berührendes erleben:
Wenn sich die Frauen sicher fühlen und eine tiefe Entspannung gefunden haben, ganz mit sich und dem gegenwärtigen Moment im Einklang sind, strahlen sie etwas wunderschönes und reines aus. Ich sagte oft, wir müssten vorher/nachher Bilder machen. Das Leuchten in den Augen und diese pure Schönheit nach dem Yoga ist für jeden im Raum sichtbar.
Ich vergleiche den Erhalt einer Krebsdiagnose immer mit einem Trauma. Dies lässt sich anhand der Polyvagal Theorie sehr gut erklären. Unser autonomes (oder auch vegetatives Nervensystem) ist der Teil des Nervensystems, das unserem Willen nicht unterlegen ist. Es reguliert Atmung, Herzschlag, Verdauung, sowie die Ausschüttung gewisser Neurotransmitter wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol.
Die Aufgabe des vegetativen Nervensystems ist es, unser Überleben sicherzustellen, und zwar ohne, dass wir darüber nachdenken müssen. Dies würde viel zu lange dauern. Dadurch, dass es «autonom» abläuft, können wir blitzschnell auf Gefahren («Stress») reagieren.
Das autonome Nervensystem besteht aus drei Strängen: dem vorderen Vagus, dem Sympathikus und dem hinteren Vagus. Da die Polyvagal Theorie noch jung ist, sind den meisten Menschen nur 2 Stränge, nämlich Sympathikus und Parasympathikus bekannt. Die Polyvagal Theorie besagt nun, dass der Parasympathikus eigentlich aus 2 Teilen besteht, die auf unterschiedliche Art mit dem VAGUSNERV korrespondieren und für sehr unterschiedliche Arten von Ruhe sorgen und auf unterschiedliche Stressreaktionen reagieren.
Wenn der vordere Vagusnervs aktiviert ist, fühlen wir uns entspannt, sicher und fähig zu sozialer Interaktion. Wenn in diesem Zustand ein Problem oder ein Stressauslöser auftaucht, dann reagieren wir ruhig und gelassen, suchen uns Hilfe, indem wir mit anderen Menschen kommunizieren und uns mit unserem Bedürfnis nach Sicherheit und Hilfe ehrlich mitteilen.
Werden wir hier nicht gehört oder unser Bedürfnis nicht befriedigt, kommt nun der Körper in Bewegung. Der Sympathikus wird aktiv und somit beginnt der Blutdruck zu steigen, die Atmung wird schnell und oberflächlich, die Gefässe verengen sich. Das ganze System fährt hoch, damit auf die Gefahr «körperlich» reagiert werden kann – also entweder kämpfen oder fliehen. Kommunikation ist hier praktisch nicht mehr möglich.
Diese hohe Stressreaktion kann auf Dauer unangenehme Begleiterscheinungen mit sich bringen: Schlafstörungen, Panikreaktionen, Unruhe, Verspannungen im Schulter- Nackenbereich (ein Hund oder eine Katze die Angst hat, macht einen Buckel, es stellen sich einem die Nackenhaare auf, die Muskeln sind für den Angriff bereit).
Wenn nun der körperliche Angriff oder der Fluchtmodus nicht ausreichen, um das Problem zu lösen, oder man nicht wegkommt, weil man feststeckt – wird nun der hintere Vagusnerv aktiviert. Dies ist ein sehr primitiver Schutzmechanismus, der bereits im Reptilienhirn verankert ist. Das Erstarren, oder der Totstellreflex, auch genannt als «freeze». Hier besteht tatsächliche Bewegungslosigkeit, emotionales Abschalten oder dissoziieren (aus dem Körper gehen) , Kraftlosigkeit, lähmende innere Leere. Hier funktioniert weder die Kommunikation noch die Bewegung in einem von Adrenalin überfluten Körper Systems.
Falls Du, oder ein Familienangehöriges, schon mal eine schwerwiegende Diagnose erhalten hast, kannst Du Dich in einem oder mehreren Reaktionsmustern des Nervensystems wiederfinden? Vielleicht kannst Du beim nächsten Mal eine der hier vorgestellten Methoden, auf die ich im Folgenden näher eingehe, anwenden.
Was kann man gegen psychische Belastungen bei Brustkrebs machen?
Die Bewältigung von Stress ist ein wichtiger Bestandteil der Brustkrebsbehandlung. Es gibt mehrere wirksame Möglichkeiten, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern, z. B. Bewegung, Entspannungstechniken und Unterstützung durch Freunde und Familie. Viele Menschen finden es besonders hilfreich, Yoga oder Meditation zu praktizieren, um Stress zu bewältigen und ein Gefühl der Ruhe und des inneren Friedens zu entwickeln.
Hierzu eignet sich der ruhige und eher meditative Yoga Stil Yin Yoga besonders gut. Die Haltungen werden (bis auf eine einzige Stellung) im Liegen durchgeführt. Die Augen können geschlossen werden, denn die «Reise führt nach innen». Die Aufmerksamkeit soll, wenn möglich, von der äusseren Welt abgezogen werden und die Zuwendung nach innen, besonders auf den Körper und auf den Atem, gelenkt werden.
Die innere Stille und Ruhe werden gefördert, um so auf diese Weise in eine gesunde Balance mit dem eigenen Ich und der Aussenwelt zu kommen. Wir können so alte und möglicherweise belastende Denkmuster loslassen. Dies unterstützt die Praktizierenden dabei, Vertrauen in das Leben und in die eigenen Fähigkeiten wiederzufinden oder neu zu entwickeln.
Besonders wertvoll erachte ich auch den Austausch zwischen Gleichgesinnten. In unserem Fall bedeutet dies, dass wir eine Runde von Frauen haben, die alle Brustkrebs haben oder hatten. Hier findet ein sehr respektvoller, liebevoller und wertschätzender Austausch statt. Frauen, die ihre Erkrankung längst hinter sich gebracht haben und wieder mitten im Leben stehen, können Rat geben, Lichtblick, Hoffnungsschimmer sein. Es macht Mut zu sehen, wie andere Frauen «es geschafft haben».
Wie können Ängste bei der Brustkrebs-Therapie reduziert werden?
Meiner Erfahrung nach hat sich jede Frau, die sich auf das Yin Yoga eingelassen hat, Ruhe und Entspannung entwickelt, was sie als ungemein erleichternd erlebt hat.
Mein Ansatz geht weiter dahin, dass ich jeder Kursteilnehmerin Tools vermitteln möchte, die es ihr ermöglichen, in stressigen, angstbesetzten oder belastenden Situationen Techniken selbst anzuwenden, um diese zu bewältigen. Ich spreche hier von «Selbstermächtigung» oder Empowerment, was schlussendlich zu einer stärkeren Resilienz, also der Fähigkeit, mit Stress umzugehen, erhöht.
Ich freue mich immer sehr, wenn ich Rückmeldungen in dieser Art bekomme: «Ich hatte immer grosse Angst, wenn ich zur Bestrahlung gehen musste. Es ging oft so weit, dass ich Stunden vor dem Termin in Panik geriet. Die Bestrahlung selbst war dann für alle Beteiligten mühsam. Durch die Atemübungen habe ich gelernt, mich selbst zu beruhigen. Ich begann einfach mit der Zählung meines Atems und konnte spüren, wie die Angst wich. Schnell war die Bestrahlung vorbei und ich konnte gelassen nach Hause gehen.» P.J.
Es ist nachgewiesen, dass Therapien, egal welcher Art, besser vertragen werden und wirken, wenn die Klientin in einem entspannten, also parasympathischen Zustand ist.
Eine Ärztin, für deren Patientinnen ich lange Zeit Yogakurse gegeben habe, sagte einmal zu mir: «Stefanie, bring deine Klientinnen so viel und so lange wie möglich in einen parasympathischen Zustand. Im Sympathikus kann Heilung nicht stattfinden.»
Zurück zur Polyvagal Theorie, die hier nur am Rande gestreift wurde. Was Dr. Gopal Norbert Klein in seinem Buch «der Selbstheilungs-Nerv - wie das ehrliche Mitteilen Traumen heilt» so eindrücklich schildert, lasse ich in meine Yin Yoga Anleitungen jedes Mal mit einfliessen: er beschreibt, wie das ehrliche benennen dessen, was ich spüre, fühle und denke, mich in den Teil des Parasympathikus bringt, der für Ruhe, Entspannung und echte soziale Interaktion steht. Überhaupt entwickelt sich dadurch wieder ein Bezug zum eigenen Körper, dem eigenen Erleben und schafft schließlich wieder Vertrauen ins Leben und zu sich selbst.
Fazit
Es ist normal, dass man Stress und Angst empfindet, wenn man mit einer schweren Krankheit wie Brustkrebs konfrontiert ist. Es ist jedoch wichtig, gesunde Wege zu finden, mit diesen Gefühlen umzugehen und bei Bedarf Unterstützung zu suchen. Durch den Umgang mit psychischem Stress können Brustkrebspatientinnen ihr allgemeines Wohlbefinden verbessern und ihre Krankheit sowie die therapiebedingten Nebenwirkungen besser bewältigen.
Wenn Du mehr Unterstützung wünschst, dann empfehle ich eine Yogastunde oder eine Einzelsession bei mir zu buchen. Falls Du noch unsicher bist, ob das hier vorgestellte Angebot das Richtige für Dich ist, kannst Du hier ein kostenloses Vorgespräch mit mir vereinbaren.
In diesem Video möchte ich einen kleinen Anker für den Alltag mitgeben: Namastè Deine Stefanie
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